September 2019 – Es geht in die nächste Runde! + Erfahrungsbericht

September 2019 – Es geht in die nächste Runde! + Erfahrungsbericht

Wir freuen uns, dass immer mehr Menschen an der Regio Challenge teilnehmen und gemeinsam unser Ernährungssystem verändern wollen!

2018 gab es mehrere Regio-Gruppen u.a. in Bremen, Hessen und Nordrhein-Westfalen und auch Einzelpersonen, die sich der Challenge stellten und spannende Erfahrungen sammelten.

Für 2019 ist der neue Flyer bereits gedruckt – vom 09. bis 15.09.2019 geht es in die nächste Runde!

Meldet Euch, wenn ihr teilnehmen wollt oder Flyer verteilen möchtet.

 

Abschließende noch ein Erfahrungsbericht:
Regio-Challenge, September 2018
Meine Erfahrungen aus der Woche des globalen Verzichts?
Hof Grafel in Rotenburg (Niedersachsen)

Wir vom Hof wollen gemeinsam eine Woche lang erkunden, was es in unserer Umgebung zu essen gibt. Dürfte wohl nicht so schwer werden, denke ich. Ein paar Bauernhöfe in der Nähe kenne ich schon. Aber bevor es ans Losradeln und leckeres regionales Essen Verzehren geht setze ich mich erst mal vor den Computer und erkunde das World Wide Web. Bauernhofladen, Hofladen, Ab Hof Verkauf, Getreidemühle, Ölmühle, Käserei, … irgendwas wird sich schon finden – und dann los und dann essen. Ganz einfach.
Klar, wir haben eine Gemüsegärtnerei hier am Hof und könnten wohl einfach die ganze Woche Mais, Tomaten, Möhren etc. essen und vom Nachbarhof Kartoffeln und Eier bekommen, aber darum geht es mir nicht. Ich möchte endlich auf Worte (global denken, lokal handeln) Taten folgen lassen. Und siehe da, die Suchmaschinen des Internets spucken mir alle möglichen Portale für Direktvermarkter*innen aus. Super. Oder doch nicht, denn was es gibt sind fast ausschließlich Kartoffeln, Eier, Fleisch, Wurst und Molkereiprodukte. Das ist ja frustrierend, Fleisch und Wurst mag ich nicht, die Molkereiprodukte haben leider oft noch Zutaten nicht aus der Region und Kartoffeln und Eier haben wir ja bereits vom Nachbarhof. So habe ich mir meine regionale Versorgung nicht vorgestellt! Na dann: Der Telefon-Joker muss her. Und so telefonieren wir uns durch die Hofläden, ob sie nicht doch vielleicht noch andere Produkte haben, oder zumindest von Menschen wissen, die welche anbieten. Puh, gar nicht so einfach, sind wir wirklich schon so industrialisiert, dass wir hier keine lokalen Produzierenden mehr haben. Wir finden Hofläden mit selbstgebackenem Holzofenbrot, mit Mehl von irgendwoher. Wir finden Ölmühlen mit Sonnenblumenöl, Hanföl, Leinöl, Rapsöl, mit den Zutaten von irgendwoher. Keine lokale Getreidemühle.
So dann: Montag. Mit unseren recherchierten Ergebnissen radeln wir in alle Richtungen und ergattern, was es zu ergattern gibt. Wir finden einen Pflaumensaft selbst gepresst auf dem Hof, außerdem finden wir einen Landwirt, welcher Roggen und Dinkel anbaut und noch nicht alles irgendwohin zu einer Mühle abgegeben hat. Zum Glück, so haben wir immerhin ungemahlenes Korn. Außerdem finden wir selbst gepresstes lokales Wahlnussöl, wie toll und unerwartet und sogar einen Landwirt, welcher Quinoa anbaut. Diese zwei Funde ermuntern uns doch sehr. Von einer Molkerei bekommen wir noch Milch, Sahne und Butter.
Unsere Erkenntnis 1: Um eine Woche nur regionale Produkte zu essen haben wir locker genug.
Erkenntnis 2: Die Auswahl an regional erzeugten Produkten ist erbärmlich.

Wo sind die Sonnenblumenkerne, das Sonnenblumen- und Rapsöl, Haferflocken, Weizen- und Dinkelmehl, Roggenbrote, Hirse, Zuckerrübensirup, Sojaprodukte, Leinsamen etc.?
Bisher habe ich mit dem naiven Gedanken gelebt, dass, sofern ich es nur richtig angehe, ich ganz sicher mit nur geringen Einschränkungen mich gut regional mit Lebensmitteln versorgen kann.

Während der Regio-Challenge Woche lerne ich, wie es sich anfühlt wirklich nur die regionalen Sachen zu essen und wie es ist auf lieb gewonnene Dinge wie Schokolade, diverse Gewürze, Mandeln, Bananen, Aufstriche zu verzichten.
Es war gut, diese Erfahrung gemacht zu haben, sie kommt mir nun immer wieder ins Bewusstsein, wenn ich im Laden stehe und mich mit leckeren Dingen eindecken möchte.
Noch klarer wurde mir aber, dass wir in unserer heutigen Welt schon stark vom überregionalem Gütertausch abhängig sind, um auch nur an so gewöhnliche Dinge wie Weizenmehl zu kommen. Die kleinen produzierenden und verarbeitenden Betriebe scheinen in unserer Region verschwunden zu sein. Muss ich mich damit abfinden in größeren Bezügen zu denken und zu handeln? Inwieweit ist die lokale Landwirtschaft für mich dann noch von Bedeutung, wenn die meisten der umliegenden Betriebe für mich kaum noch etwas produzieren? So stimmt mich die Regio-Challenge nachdenklich und lässt mich die mich umgebende Landwirtschaft mit neuen Augen betrachten.

Ergo: Ich für mich möchte mit den lokal Produzierenden mehr ins Gespräch kommen, nach Wegen suchen, damit wir wieder regionale Bezüge herstellen und somit die Erzeugenden mehr Bedeutung für die hier Lebenden und die hier Lebenden mehr Bedeutung für die Erzeugenden bekommen.

Martin



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